\documentclass{lni} \IfFileExists{latin1.sty}{\usepackage{latin1}}{\usepackage{isolatin1}} \usepackage{graphicx} \usepackage{csquotes} \author{ Daniel Spittank \\ \\ Barmer Str. 23 \\ 45549 Sprockhövel \\ mobile@daniel.spittank.net } \title{Mobile Informatiksysteme im Unterricht} \begin{document} \maketitle \begin{abstract} Informatik durchdringt zunehmend den Alltag in modernen Gesellschaften, besonders die Miniaturisierungs- und Mobilisierungsprozesse begünstigen dies. Besonders der Boom mobiler Informatiksysteme\footnote{Analog zu \cite{SpittankExamen} sind hier keine Notebooks oder Netbooks gemeint, sondern hauptsächlich Smartphones und Tablets.} und die Verbreitung mobiler Internetzugänge begründen gesellschaftliche Veränderungen. Verschiedene Studien, allen voran die JIM-Studien (Jugendliche, Information, Multimedia), aber auch die des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI), belegen eindrücklich die immens zunehmende Bedeutung mobiler Informatiksysteme und des immer verfügbaren Zugangs zum Internet für Schülerinnen und Schüler. Gleichsam lässt sich erkennen, dass die Bedeutung stationärer Informatiksysteme für Schülerinnen und Schüler schwindet. Diesen Entwicklungen wird derzeit von Schulen allerdings noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Einzig die Einführung von wenigen Tablet-Klassen kann hier genannt werden. Ansonsten dominieren Verbote mobiler Informatiksysteme. Die gesellschaftlichen Entwicklungen werden (noch) aus der Schule ausgeschlossen. Zu groß ist die Sorge vor den möglichen negativen Auswirkungen, die mit den Geräten in Verbindung gebracht werden (z.B. Ablenkung vom Unterrichtsgeschehen und Cybermobbing). Besonders im Informatikunterricht dominiert die, durch feste Computerräume vorgegebene, Arbeit an stationären Systemen. Dabei spricht viel für einen offeneren Umgang mit den mobilen Informatiksystemen, besonders der direkte Bezug zum Alltag der Schülerinnen und Schüler kann sich positiv auf die Motivation und die Begeisterung auswirken. Kann doch ein wesentlicher Teil des Alltags begreifbar gemacht und somit auch ein erkennbarer Vorteil für das tägliche Leben erlangt werden. Im Rahmen seiner Arbeit zum ersten Staatsexamen entwickelte der Autor die Grundzüge für ein Unterrichtskonzept, das den Entwicklungen Rechnung trägt und versucht, die Vorteile mobiler Informatiksysteme für den Informatikunterricht nutzbar zu machen. Dazu gehören etwa die Unabhängigkeit von Computerräumen und die vielfältigeren Ansatzpunkte für den Einsatz kooperativer Methoden, die helfen können, die fachbezogene Kommunikation zu fördern. Es basiert dabei auf den positiven Erfahrungen vorangegangener Versuche mit Symbian-Smartphones\footnote{vgl.\cite{Heming2009}} und konnte im letzten Jahr im Rahmen seines Referendariats mit zwei achten Klassen erstmalig erprobt werden. Dieser Beitrag soll das Konzept und die gewonnenen Erkenntnisse vorstellen, noch bestehende Schwierigkeiten benennen und mögliche Entwicklungsperspektiven aufzeigen. \end{abstract} \section{Gesellschaftliche Bedeutung mobiler Informatiksysteme} Die flächendeckende Verfügbarkeit mobiler Informatiksysteme -- in Form von Tablets, Smartphones und zahllosen smarten Gadgets -- verändert die moderne Gesellschaft. Die ständige Verfügbarkeit von Information und die Verknüpfung mit den Daten, welche ständig durch die mobilen Systeme erfasst werden, ist einerseits ein Segen für viele Menschen, die sich schon immer einen persönlichen Assistenten herbeigesehnt haben. Andererseits erscheint dies, auf den Schutz ihrer persönlichen Daten bedachten, Charakteren wohl eher als Fluch. Insbesondere nach den diversen Datenschutz- und Spionage-Skandalen der letzten Jahre. Diese gesellschaftlich bedeutende Debatte wird auch immer mehr öffentlich ausgetragen. Spätestens seit den Enthüllungen der digitalen Spionagetätigkeiten der NSA durch Edward Snowden ist einer breiteren Öffentlichkeit bewusst, dass die Informatisierung der Gesellschaft zwei Seiten hat. Dennoch: Die vielfältigen nützlichen Funktionen -- insbesondere in Verbindung mit Clouddiensten -- erleichtern oftmals den Alltag. Reines Faktenwissen verliert durch die stetige Verfügbarkeit diverser Informationsquellen an Bedeutung, wohingegen der Bedarf an informatischer Vernunft\footnote{vgl. \cite[S.~311]{GoerlichHumbert2005}} zunimmt. Mögliche Risiken können oft nicht einfach beurteilt werden, da die parallel erfolgende Simplifizierung der Benutzungsschnittstellen vieles vor dem Anwender verbirgt. So verbleiben die vielen Funktionen und neuen Möglichkeiten, die die mobilen Geräte so schlau erscheinen lassen, für die meisten Anwender im nebulösen Feld der quasi-magischen Blackbox. Dass dabei viele sehr persönliche Daten -- oftmals ungeschützt -- durch die halbe Welt gesendet werden, ist vielen nicht einmal klar. Genannt seien hier exemplarisch Spracherkennungen, die auf den Servern der Anbieter erfolgen, und Kommunikationsapps, die das gesamte Adressbuch in die Cloud laden, damit festgestellt werden kann, mit welchen Kommunikationspartnern man mittels der App kommunizieren kann. Im Zuge der Mobilisierungstendenzen und des Bedeutungszuwachses von Clouddiensten müssen allerdings auch Nutzungsszenarien neu bewertet werden, von denen man bisher an stationären Systemen keinerlei Gefährdung zu erwarten hatte. So etwa die Bildbearbeitung, die auf mobilen Informatiksystemen sehr beliebt ist, im Gegensatz zu stationären Bildbearbeitungsanwendungen aber oft nicht lokal, sondern in der Cloud erfolgt. Der bei mobilen Informatiksystemen deutlich stärker ausgeprägte Blackbox-Effekt sorgt hier also für eine steigende Intransparenz gegenüber den Anwendern der Geräte. Es ergibt sich die Notwendigkeit, Menschen in die Lage zu versetzen, moderne Informatiksysteme selbstbestimmt und verantwortungsbewusst zu verwenden und die mit ihnen verbundenen Risiken und Nebenwirkungen einschätzen zu können, ohne zunächst den Informatiker ihres Vertrauens zu befragen, will man die mündige Teilhabe in demokratischen Gesellschaften sicherstellen. \section{Aktueller Stand in der Schule} Die Befähigung zur mündigen Teilhabe ist natürlich die originäre Aufgabe der Schule im Allgemeinen und des Informatikunterrichts im Speziellen, wenn es um informatische Aspekte geht. Leider muss man festhalten, dass die gesellschaftliche Debatte sich in den Schulen kaum widerspiegelt, obwohl gerade die Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders stark von den gesellschaftlichen Auswirkungen betroffen sind, wie etwa die JIM-Studie \cite{MPFS2014} Jahr für Jahr erneut belegt. Dies mag einerseits daran liegen, dass vielerorts kein echter Informatikunterricht angeboten werden kann, oder diesem kein hoher Stellenwert zukommt, weil es sich nach wie vor in den meisten Bundesländern um ein reines Wahlfach handelt. Andererseits ist der erteilte Informatikunterricht oft sehr technisch ausgerichtet und klammert gesellschaftliche Fragen aus. Wenn man sich mit gesellschaftlichen Auswirkungen beschäftigt, geht es meist um die negativen Folgen der Smartphone-Nutzung durch Schülerinnen und Schüler. Die Angst vor ständig verfügbarer Pornographie, Gewaltvideos und möglicher (Cyber-)Mobbingattacken dominiert die schulische Debatte. Auch die Ablenkung der Schülerinnen und Schüler im Unterricht ist ein beliebtes Thema. Die Folge daraus sind meist -- zumindest teilweise -- Verbote mobiler Informatiksysteme in der Schule, in manchen Bundesländern sogar mit Gesetzescharakter. Dass so eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den gesellschaftsverändernden Einflüssen der mobilen Informatiksysteme unterbleibt und somit auf eine echte Vorbereitung auf die selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft in diesem Bereich verzichtet wird, wird als Kollateralschaden billigend in Kauf genommen. Demgegenüber steht ein Trend zur -- weitgehend -- unkritischen Nutzung der mobilen Geräte im Unterricht (meist nicht im Rahmen der Informatik), der vor allem durch die Hersteller\footnote{Allen voran Apple mit verschiedenen Programmen zur Förderung von \enquote{iPad-Klassen}.} befördert wird. Diese spiegelt letztlich nur das übliche Nutzungsverhalten innerhalb der Gesellschaft wider und bietet so zwar mediale Vorteile für den Unterricht, kann jedoch keinen größeren Beitrag zu einem mündigen, aufgeklärten Nutzungsverhalten leisten. Insbesondere der für die Informatik so wichtige Schritt der Rückführung der Erkenntnisse in die Realität, also die Umsetzung informatischer Modellierungen, oder wie Heming\cite{Heming2009} es beschreibt, die \enquote{Perspektive der Veränderung der Wirklichkeit}, wird so erschwert. Der Informatikunterricht erfolgt weiterhin beinahe natürlich in Computerräumen. Die stationären Rechner erscheinen dabei als das zentrale Unterrichtsmittel und der zentrale Unterrichtsgegenstand. So ergab sich in einem Gespräch, das der Autor mit einer Gruppe von Grund\-schü\-lern führte, die im Rahmen der anstehenden Anmeldungen seine Schule besuchten, dass -- wie erwartet -- niemand eine Vorstellung davon hatte, was sich wohl hinter seinem Fach \enquote{Sozialwissenschaften} oder auch \enquote{Politikunterricht} verbergen könnte. Ganz im Gegensatz dazu, wussten fast alle, um was es in der Informatik geht, denn \enquote{das ist doch das Fach mit den Computern}. Diese eindimensionale Sicht zeigt sich nicht nur bei Grundschülern, sondern zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. \section{Bisherige Ansätze} Gerade auch um dieser Sichtweise auf die Informatik entgegenzuwirken, haben Carrie \cite{Carrie2006} und Heming \cite{Heming2009} gezeigt, dass die ausschließliche Nutzung mobiler Informatiksysteme im Unterricht möglich ist. Auf Basis von Symbian S60 wurden hierzu Unterrichtskonzepte und Materialien erstellt und -- insbesondere in den Pilotkursen an der Willy-Brandt-Gesamtschule Bergkamen -- erprobt. Wichtig ist, dass alle folgend geschilderten Ansätze davon ausgehen, dass eine ausschließliche Nutzung der mobilen Informatiksysteme erfolgt, da ansonsten ein großer Teil der geäußerten Hoffnungen nicht erreichbar wäre und man weiterhin auf Computerräume angewiesen bliebe. Die Hoffnungen an den Einsatz bestätigten sich hierbei größtenteils und die Motivation der Schülerinnen und Schüler war deutlich höher als in Vergleichskursen. Zu diesen Hoffnungen gehörten unter anderem eine Flexibilisierung des Informatikunterrichts und die Lösung von den Computerräumen. So sollten die fachliche Kommunikation zwischen den Schülerinnen und Schülern gestärkt, sowie Räume für kooperative Methoden geöffnet werden, die durch die starre Ausstattung der Computerräume bisher behindert wurden. Dieser Effekt konnte auch belegt werden: Die Nutzung normaler Klassen- bzw. Kursräume wurde möglich und die Arbeit in flexiblen Kleingruppen wurde erleichtert, da die kleinen, mobilen Systeme problemlos zusammen mit anderen Arbeitsmaterialien genutzt werden konnten und auch schnelle Wechsel möglich wurden. Auch gegenüber teilstationären Note- bzw. Netbookklassen ergaben sich so Mobilitäts- und Flexibilitätsgewinne. Zunächst geäußerte Befürchtungen an eine eingeschränkte Bedienbarkeit der Geräte be\-stä\-tig\-ten sich nicht. Die Schülerinnen und Schüler waren in der Bedienung der Geräte -- wohl aufgrund ihrer alltäglichen Erfahrungen -- so sicher, dass sich hier kaum Probleme ergaben. Dies wurde zudem durch die Beschränkung der Implementierung auf das Wesentliche und die in den mobilen Informatiksystemen integrierten Techniken zum schnellen Austausch von Quelltexten (z.B. Bluetooth und QR-Codes) begünstigt. Durch die Verwendung der mobilen Geräte wurde tatsächlich dem einseitigen Bild der Informatik als Computerwissenschaft entgegengewirkt und eine stärkere Anbindung an den Alltag der Schülerinnen und Schüler erreicht. Doch allen positiven Erfahrungen zum Trotz war die Fortführung des Projekts bedroht. Der durch die Markteinführung des iPhones und das spätere Erscheinen von ganz ähnlichen Smartphones auf Basis von Android eingeläutete Niedergang von Nokia und damit auch der verwendeten Plattform Symbian OS, schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Konzept. Um das Projekt zu sichern, war es also erforderlich, nach einer neuen Basis zu suchen und eine -- möglichst plattformunabhängige -- Schnittstelle zu finden oder zu entwickeln. \section{Kriterien für den Einsatz mobiler Informatiksysteme} Zunächst mussten auf Basis der bisherigen Erfahrungen Kriterien für den Einsatz im Unterricht entwickelt werden, was im Rahmen der schriftlichen Arbeit zum ersten Staatsexamen \cite{SpittankExamen} des Autors erfolgte. Die veränderten Bedingungen in Bezug auf die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit entsprechenden Geräten machte es zudem erforderlich, auch eine mögliche Nutzung von privaten Geräten im Unterricht zu berücksichtigen. Das \enquote{Bring your own device (BYOD)}-Konzept versprach dabei eine zusätzliche intrinsische Motivation durch erweiterte Nutzungsmöglichkeiten der eigenen Geräte und einen geringeren Kostenaufwand seitens der Schule. Gleichfalls drohte jedoch ein zusätzlicher Wartungsaufwand bezüglich der Unterstützung verschiedenster Geräte und Modellvarianten. Die grundlegenden Anforderungen erscheinen zunächst offensichtlich -- die Geräte müssen grundsätzlich sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden können und somit im Falle des Informatikunterrichts programmierbar sein. Prinzipiell sollten dies fast alle heutigen mobilen Informatiksysteme erfüllen\footnote{\cite{Heming2009}}, allerdings errichten die Hersteller hier unterschiedlich hohe Hürden technischer und rechtlicher Natur. Dies gilt besonders für die Entwicklung mit den Geräten unter Verzicht auf stationäre Systeme. So benötigt man teilweise teure Lizenzen oder spezielle Hard- und Software für die Programmierung. Außerdem werden wesentliche Aspekte der Betriebssysteme vor dem Nutzer versteckt -- etwa die Dateisysteme, sodass ein Verlassen der Anwendungsperspektive erschwert oder gar unmöglich gemacht wird, was die vollständige Erfüllbarkeit der jeweiligen Lehrpläne allein mit den mobilen Geräten zumindest infrage stellt. Speziell Apple ist hier für derartige Einschränkungen bekannt. In diesem Sinne ist es wünschenswert, dass die Geräte freie Software verwenden. Denn hier ist es am ehesten möglich, alle Anforderungen zu erfüllen und künstlichen Ein\-schrän\-kungen zu entgehen. Außerdem könnte so die benötigte Software in der Regel ohne relevante Einschränkungen und Kosten an die Schülerinnen und Schüler weitergegeben werden, sodass diese auch zuhause mit den Geräten arbeiten könnten. Damit die Geräte sich auch tatsächlich im Alltag der Schülerinnen und Schüler wiederfinden und um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass gut dokumentierte Schnittstellen und Apps verfügbar sind, ist eine hohe Verbreitung der Plattform relevant. Sollen Geräte der Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden, müssen zudem einige schuleigene Geräte vorgehalten werden, um Schülerinnen und Schülern, die über keine entsprechende Hardware verfügen, nicht zu benachteiligen. Optimal wäre es, wenn die Schüler die Geräte während des Unterrichtseinsatzes auch mit nach Hause nehmen und im Alltag einsetzen können. Aus finanziellen wie aus Umeltschutzgründen sollte für schuleigene Geräte viel Wert auf eine gute Haltbarkeit gelegt werden. So kann bereits ein fest verbauter Akku einer dauerhaften, langfristigen Nutzung in der Schule entgegenstehen. Modernere Geräte mit großen Touchscreens und dünnen Rahmen sind zudem anfälliger für Displayschäden, sodass sich die Ausstattung mit Schutzhüllen empfiehlt. Unabhängig davon sollte die Schule sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und generell soziale wie auch Umweltschutzaspekte berücksichtigen, sofern dies möglich ist. Derzeit schränkt dies die Geräteauswahl jedoch so stark ein, dass darauf -- vor allem aus finanziellen Gründen -- kaum geachtet werden kann. Es bietet sich jedoch an, die Hintergründe der Produktion von Elektronikprodukten exkursiv im Unterricht zu behandeln. Fächerverbindende und -übergreifende Projekte sind hier gut vorstellbar. Für die Programmierbarkeit der Geräte mit den Geräten\footnote{vgl. \cite{Carrie2006}} gibt es verschiedenste Zugänge, die von grafiklastigen Hilfsmitteln über die Automatisierung bis hin zum Scripting und vollständigen IDEs auf den Geräten reichen. \section{Auswahl der Plattform} Letztlich blieb aufgrund der gestellten Anforderungen besonders an die Programmierbarkeit direkt mit den Geräten nur eine der untersuchten Plattformen (u.\,a. iOS, Android und Windows) nur Android übrig. Apples iOS disqualifizierte sich für die weitere Betrachtung aufgrund künstlicher technischer, rechtlicher und finanzieller Hürden, während Windows zum damaligen Zeitpunkt keine hinreichende Möglichkeit zur Entwicklung mit den Geräten bot\footnote{Dies hat sich inzwischen geändert, jedoch ist der Marktanteil von Windows auf mobilen Geräten noch immer so gering, dass eine weitere Betrachtung bisher nicht lohnend erschien.}. Die alternativen und größtenteils auch deutlich freieren Plattformen wie Tizen, Firefox OS und Ubuntu boten zwar gute Möglichkeiten zur Programmierung, scheiterten jedoch an der Verfügbarkeit geeigneter Hardware. Sie könnten jedoch für eine Weiterentwicklung des Unterrichtskonzepts in Zukunft interessant werden. Android bot verschiedene Ansätze, um eine Programmierbarkeit der Geräte mit den Geräten zu erreichen. So gibt es diverse Automatisierungstools und eher grafiklastige Umgebungen ebenso wie vollständige Java-IDEs und Laufzeitumgebungen für diverse Skriptsprachen. Die Wahl fiel letztlich auf QPython, nicht zuletzt wegen der, durch Linkweiler in \cite{LinkweilerDA2002} festgestellten, guten Eignung der Sprache für den schulischen Informatikunterricht. Durch die ausschließliche Verfügbarkeit einer geeigneten Plattform erübrigte sich natürlich der Wunsch nach einer plattformübergreifenden Lösung. Zwar wurde bei der ersten Definition einer möglichen Schnittstelle versucht, zu berücksichtigen, welche grundlegenden Elemente in Zukunft benötigt werden würden (auch anhand der Erfahrunden mit Symbian), dennoch wurde diese natür\-lich durch die Möglichkeiten von Android als Basis geprägt. \section{Entwicklung einer Schnittstelle} Es wurde schnell deutlich, dass eine geeignete Schnittstelle für die Schule geschaffen werden musste, da die verfügbare API kaum für den Unterrichtseinsatz geeignet war. So war die API rein prozedural ausgelegt, da sie letztlich nur Remote-Procedure-Calls an einen im Hintergrund laufenden Server-Dienst kapselte. Dies sorgte zudem für sehr lange Bezeichner und einen sehr unübersichtlichen und uneinheitlichen Quelltext der Skripte. Da der Einsatz zunächst für die Oberstufe geplant wurde, war zudem eine objektorientierte Schnittstelle zwingend erforderlich. Es zeigte sich, dass dies recht unkompliziert möglich war, wenngleich die Gesamtkonstruktion ein wenig gewöhnungsbedürftig anmutete: Die eigentliche, objektorientierte Android-API wurde von der Scripting-Schnittstelle in Remote-Procedure-Calls überführt, die in eine entsprechende Schnittstelle für Python verpackt und dann von der für den Unterricht entwickelten Schnittstelle erneut in passende Objekte gekapselt wurde. Dennoch funktionierte das Ergebnis zufriedenstellend und auch auf günstigen Geräten performant genug, dass ein Unterrichtseinsatz grundsätzlich möglich erschien. Die zunächst angedachte Übertragung der von Linkweiler für S60 übersetzten (und in Nordrhein-Westfalen in den Schulen beliebten) Bibliothek \enquote{Stifte und Mäuse} scheiterte zunächst an fehlenden Grafikdirektiven der verwendeten Plattform, wurde jedoch schließlich aufgrund prinzipieller Überlegungen verworfen. Letztlich erschien die Übertragung eines Unterrichtskonzepts für stationäre auf mobile Informatiksysteme als wenig sinnvoll. Zunächst wurde zu Gunsten eines möglichst einfachen Zugangs eine Einschränkung auf eine dialogbasierte Benutzungsschnittstelle vorgenommen, spätere Erweiterungen auf graphische Benutzungsoberflächen wurden jedoch berücksichtigt. \section{Unterrichtseinsatz} \begin{figure}[htb] \begin{center} \includegraphics[width=5.9cm]{projekte} \includegraphics[width=5.9cm]{projekte-auszuege} \caption{\label{abbProj}Links: Dokumentationsmappen; Rechts: Auszüge aus den Dokumentationen} \end{center} \end{figure} Im Rahmen seines Referendariats erhielt der Autor zum ersten Mal die Gelegenheit, das Konzept im Unterricht zu erproben. Die mangelhafte Ausstattung des zur Verfügung stehenden Informatikraums bestärkte diesen Einsatz. Glücklicherweise verfügten fast alle Schülerinnen und Schüler über Android-Smartphones. Die vier verbleibenden Schü\-ler\-innen und Schüler konnten mit sehr günstigen Geräten aus dem Angebot eines Lebensmitteldiscounters (49 Euro pro Stück) ausgestattet werden, die der Autor für diesen Zweck anschaffte. Zu diesem Zeitpunkt stand eine vollständige Implementierung eines geeigneten Wrappers noch aus. Außerdem musste das für die Oberstufe erarbeitete Konzept auf die Anforderungen eines Wahlpflichtkurses in der achten Jahrgangsstufe übertragen werden. Die grundlegende objektorientierte Ausrichtung sollte dabei beibehalten werden, wurde jedoch auf einen reinen \enquote{Strictly Objects First}- und \enquote{Objects only}-Ansatz reduziert. Dank der Nutzung von Python konnten die Schülerinnen und Schüler hier vorbereitete Objekte importieren und neue Objekte ohne die Kenntnis des Klassenkonzepts erstellen. Hierzu wurden zunächst arbeitsteilig grundlegende Funktionseinheiten von Smartphones identifiziert und modelliert, die dann von der Lehrkraft in einen entsprechenden Wrapper überführt wurde, sodass direkt mit den Ergebnissen der Modellierung weitergearbeitet werden konnte. Für das Unterrichtsvorhaben standen insgesamt rund 12 Wochen bei drei Stunden pro Woche zur Verfügung. Die zu erfüllenden Kompetenzen aus dem schulinternen Curriculum umfassten dabei hauptsächlich die Einführung in die Informatik sowie deren Bedeutung für die Gesellschaft, grundsätzliche algorithmische Konzepte und deren Darstellung in Diagrammform. Erweitert wurde dies zur Stützung des objektorientierten Ansatzes um reduzierte Objektdiagramme ohne Beziehungen. Das Unterrichtsvorhaben wurde als langfristiges Projekt ausgelegt. Der Abschluss erfolgte durch die Entwicklung eigener \enquote{Apps} durch die Schülerinnen und Schüler, die als Projektarbeit mit einer umfassenden Dokumentation eine Kursarbeit ersetzten. Besonders beliebt waren hierbei Quiz-Spiele, vermutlich aufgrund der damaligen Popularität der App \enquote{Quizduell}. Außerdem fanden sich einfache Taschenrechner, ein Kochbuch und kleinere textbasierte Spiele. Die Einführung der notwendigen Grundlagen erfolgte hauptsächlich mit wechselnden kooperativen Methoden\footnote{Besonders Gruppenpuzzle und die World-Café-Methode haben sich in diesem Zusammenhang bewährt. Die Sicherung der grundlegenden Konzepte erfolgte regelmäßig in Plakatform.}, während die Arbeit an den Apps in festen Projektgruppen erfolgte. Zur Heranführung an die eigenen Projekte wurden die Grundlagen anhand zweier gemeinsamer Projekte erarbeitet: einer einfachen Umsetzung von Stein-Schere-Papier und einem Audiorecorder für Interviews der Schülerzeitung. Hierbei waren zur Differenzierung verschiedene Ausbaustufen eingeplant, leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler entwickelten hierbei aber auch eigene Erweiterungen. Die Projektideen wurden sehr früh im Verlauf der Reihe festgelegt und von der Lehrkraft im Hinblick auf die Umsetzbarkeit geprüft und auf ein erreichbar scheinendes Maß reduziert, da viele Ideen weit über die in der gegebenen Zeit erreichbaren Ziele hinausgingen. In regelmäßigen Zeitabständen stellten die Projektgruppen Zwischenberichte vor. Trotz teilweise auftretender Schwierigkeiten war die Motivation der Schü\-ler\-innen und Schüler kontinuierlich hoch, für die Projekte wurde von der großen Mehrheit der Schü\-ler\-innen und Schüler sehr viel zusätzliche Arbeit außerhalb des Unterrichts geleistet. Die Begeisterung, Apps für ihre Smartphones erstellen zu können war deutlich ersichtlich. Die Projektdokumentationen lagen teilweise deutlich über den Erwartungen, umfassten umfangreiche Planungen und Stellungnahmen zu den Projekten, sowie umfassende Diagramme. \section{Probleme im Unterrichtseinsatz} Während der Umsetzung kam es zu einigen kleineren Problemen. Vor allem die Einrichtung der verschiedenen Geräte der Schülerinnen und Schüler erforderte viel Zeit. Etwa drei Schulstunden und einige Pausen wurden hierfür benötigt. Diverse Probleme ließen sich hier nur individuell lösen. Die grundsätzliche Verteilung und Installation war dabei kein Problem, herstellerspezifische Anpassungen von Android führten jedoch gelegentlich zu Kopfzerbrechen. So fehlten einigen Telefonen die Installer für Apps von außerhalb des Android-Markets. Andere waren so eingeschränkt, dass Schreibrechte fehlten und somit keine eigenen Skripte hinterlegt werden konnten. All diese Probleme ließen sich lösen, erforderten jedoch zusätzlichen Arbeitsaufwand durch die Lehrkraft. Dies wird sich beim BYOD-Ansatz jedoch wohl kaum vermeiden lassen. Der Einsatz schulischer Geräte wäre hier ein komfortabler Ausweg. Schwerer wog ein zwischenzeitlich erschienener Sicherheitspatch, der entgegen sonstiger Gepflogenheiten im Android-Umfeld auch tatsächlich von vielen Herstellern ausgeliefert wurde. Dieser führte dazu, dass Schreibrechte auf das temporäre Verzeichnis und die SD-Karte entzogen wurden und somit die Log-Funktionen von QPython zeitweise nicht mehr funktionierten. Somit brachen Programme mit Syntaxfehlern schlicht ohne jegliche Fehlermeldung ab. Dies führte zu einem erhöhten Unterstützungsaufwand durch die Lehrkraft über mehrere Stunden hinweg, bis ein entsprechender Patch von QPython erschien. Grundsätzlich kann man den Umfang des gesamten Vorhabens, trotz differenzierender Elemente als recht hoch einschätzen. Im gegebenen Kurs hat es insgesamt gut funktioniert, weniger Zeit hätte es allerdings nicht sein dürfen. \section{Fazit und Ausblick} Das Konzept wird im Moment von mehreren Lehrkräften erprobt und weiterentwickelt. Grundsätzlich erscheint der Unterrichtseinsatz sinnvoll zu sein und die Hoffnungen weitgehend zu erfüllen. Allerdings ergeben sich auch noch einige große Felder für mögliche Weiterentwicklungen. Primär ist nach wie vor eine Verbreiterung der unterstützten Plattformen erstrebenswert. Die weitere Öffnung von Windows für eigene Programmierung und die langsam beginnende Verbreitung weiterer Smartphone-Plattformen machen hier Hoffnung. Auch ergibt sich aus den identifizierten Problemen ein Bedarf für Entwicklungen, die bestehende Probleme reduzieren oder vollständig lösen. Besonders eine schnittstelleninterne Fehlerbehandlung erscheint als hilfreiche Ergänzung. Grundsätzlich ist die Erarbeitung der Schnittstelle gemeinsam mit dem Kurs sinnvoll und führte zu einem guten Verständnis auf Seiten der Schülerinnen und Schüler. Die notwendige Implementierungsarbeit ist zwar nicht riesig, aber dennoch nicht zu unterschätzen. Somit wäre eine Referenzimplementierung, die direkt einsetzbar ist, nach wie vor wün\-schens\-wert und wird als nächstes implementiert werden. Die bisher erstellten Materialien sind unter \cite{SpittankNetEduMobile} frei verfügbar. %\begin{figure}[htb] % \begin{center} % \includegraphics[width=2cm]{gilogo} % \caption{\label{logo}Beschreibung der Abbildung} % \end{center} %\end{figure} \bibliography{mobile} \end{document}